
Upps, falscher Bahnhof!
Mein Büro liegt vom Frankfurter Hauptbahnhof nur 2 U-Bahn-Stationen entfernt. Das ist praktisch, wenn man nach der Arbeit direkt mit der Bahn fahren möchte. Besonders bei Fernreisen. Die Wege sind kurz und für unvorhergesehene Ereignisse braucht man nicht viel Zeitpuffer einplanen.
So schaue ich noch entspannt meiner U-Bahn hinterher, die ich eben verpasst habe und die mich zum Hauptbahnhof bringen sollte. Noch 44 Minuten ehe mein Fernzug abfährt, was soll da passieren? Der nächste Zug soll in 5 einfahren, kommt aber erst nach 8 Minuten in den Bahnhof gefahren, wartet 2 Minuten und setzt sich dann endlich in Bewegung.
34 Minuten. Reicht. Alles gut.
Ich erreiche den Hauptbahnhof. Um 16:22 Uhr gehen 3 Züge. Nur kein ICE. Merkwürdig. Hat der vierte Zug zu 16:22 Uhr nicht mehr auf die Anzeige gepasst? Ich forme die Augen zu Sehschlitzen und prüfe die Zuganzeige erneut. Kein Zug in meine Richtung. Kombiniere: da stimmt was nicht. Ich hole das Ticket aus dem Rucksack. Tag stimmt. Uhrzeit stimmt. Nur von Hauptbahnhof lese ich da nichts. Oh, oh!
Frankfurt Main Süd. Nicht Hauptbahnhof. Ein guter Trick, um preisgünstige Zugverbindungen zu erhalten. Ein Nachteil, wenn man das Detail in der Zeit nach dem Kartenkauf irgendwie aus den Augen verloren hat. Ich Dussel.
Noch 23 Minuten. Warum war ich eben noch so entspannt? Jetzt schnellen Schrittes zur U-Bahn. Ich habe Glück und warte nur einen kurzen Moment auf den nächsten Zug. Schnell einsteigen. Warum ist mir eigentlich so warm?
Ausstieg am Willy-Brand-Platz. Auf der Treppe kommen mir lauter Leute entgegen. Ein untrügliches Zeichen, dass mein Anschlusszug genau jetzt schon in der Station steht. Am Treppenende angekommen, sehe ich die Rücklichter der U-Bahn. Noch 19 Minuten Zeit.
3 Minuten Wartezeit auf Linie 3, der Zug kommt pünktlich und bringt mich direkt nach Frankfurt Main Süd. Noch 13 Minuten Zeit, ich habe es geschafft. Sogar für Proviant und Getränke ist noch Zeit. Nicht mal die Königin der phlegmatischen Bäckereiangestellten kann mich jetzt noch von meinem Zug trennen. Puls und Blutdruck kommen wieder runter. Jedenfalls bis ich bei der Ticketkontrolle meine gesamte Geldbörse ausräume, weil ich die Bahncard nicht finden. Es stellte sich heraus, dass das Ding mehr Seitentaschen hat, als ich dachte. Da steckte dann auch die Bahncard.
Im Zug. Die Geräuschkulisse im Zug wird dominiert von einer Frau mit starkem sächsischen Dialekt. In Kombination mit der unangenehm hohen Stimme der Dame sind klare Gedanken nur schwer zu fassen. Als akustisches Verbandszeug wähle ich Kopfhörer. So ist besser.
Naumburg
Eigentlich will ich auf Toilette, aber der Umstieg in Naumburg steht gleich an und in 5 Minuten kommt ohnehin mein Anschlusszug. Das werde ich wohl noch abwarten können. Ich nehme meine Sachen und steige sogleich in Naumburg aus.
Kaum ausgestiegen erfolgt die Durchsage, dass der Zug nach Berlin 25 Minuten Verspätung hat. Während erste Mücken unter der Sonne Sachsen-Anhalts ihren wirren Abendtanz vorführen, drehe ich eine Runde um den Bahnhof. Nach 50m begegne ich einer Gruppe Twens, die eine Sporttasche mit Bier herumtragen und Richtung Bahnsteig laufen. Wenn die wüssten…
Ich laufe an der Agentur für Arbeit vorbei, die sich direkt neben einer Bowlingbahn befindet. Wer die Wartezeiten bei Ämtern kennt, wird den praktischen Kontext erkennen.
Vorbei am Hotel kaiserhof. Dort gibt es zimmer ppidzof ab 29,50 €. Toller Abkürzungsfimmel. Soll bedeuten: pro Person im Doppelzimmer ohne Frühstück. Igwwmzk. Ich gehe weiter, weil mein Zug kommt.
Gleiswechsel
Es erfolgt eine weitere Ansage. Der Zug hält nun am Gleis 1, nicht am Gleis 2 und damit an einem anderen Bahnsteig. Wer im Abschnitt A steht, kann nun die gesamte Länge des Bahnsteigs ablaufen und auf dem anderen Bahnsteig die komplette Strecke zurück. In Naumburg gibt es nur an einem Bahnsteigende eine Wechselmöglichkeit. Finden nicht alle lustig, aber Zeit ist ja ausreichend vorhanden.
Die Bahn kommt
Einstieg in einen Waggon, den ich in meinem Leben noch nie gesehen habe: Sitze mit einer Rückseite aus Massivholz. Getäfelte Wände (o.ä.) und eine Decke, die aussieht wie das Kettenhemd von Rittern. Was ist das denn für ein Unikat?
Mal sehen, wie die Toiletten aussehen. Aber ganz schnell …

